2 March 2012

Sollten Videospiele
anspruchsvoll(er) sein?


Teil 2: Ein Blick in die Zukunft



So, die vergangenen und aktuell bestehenden Aspekte zu diesem Thema habe bereits gestern abgehandelt, heute werde ich mich auf ihre Zukunftsaussichten konzentrieren. . . . (Hier geht's zu Teil 1!)






Was die Zukunft unserer Spielerlebnisse betrifft, so wird der Großteil sicherlich weiterhin auf kaltblütigen, kriegerischen Handlungen und sportlichen Wettkämpfen basieren. Allein die Tatsache, dass die Möglichkeiten des Onlinezockens mit zusätzlichen Vernetzungsfeatures und direkten Vergleichs-möglichkeiten in letzter Zeit immer neue Früchte trägt, treibt diesen Trend weiter voran.

Trotzdem wird es auch weiterhin und in den nächsten Jahren vielleicht sogar vermehrt anspruchsvollere und nachdenklich machende Spiele geben.

Extrem erfreulich finde ich zum Beispiel die Tatsache, dass Naughty Dog, die mit ihrer Uncharted-Serie zu einem der renommiertesten Gamestudios der vergangenen Jahre avanciert sind, mit ihrem nächsten Projekt eine neue Richtung einschlagen wollen. Eine Richtung, in der es weniger um Action gehen soll, sondern stattdessen verstärkt um zwischenmenschliche Beziehungen. Ihr Ziel sei es, "die verdammte Industrie" bezüglich der Erzählweise in Videospielen zu ändern, wobei man sich an an Filmen wie No Country for old Men und The Road orientieren möchte.


Das neue Projekt, The Last Of Us, erzählt vom Überlebenskampf zweier sehr unterschiedlicher Personen, nämlich der zarten 14jährigen Ellie und dem wesentlich älteren, angeblich recht groben und egozentrischen Joel, der vom Spieler gesteuert wird. Die ersten Bilder des Mädchens lassen übrigens die Vermutung aufkommen, dass Ellen Page für Ellies Aussehen und die Synchronisation an Bord geholt wurde (siehe Bild unten). Falls dem tatsächlich so ist, spräche dies für den hohen Stellenwert des Projekts und dürfte dadurch auch deutlich mehr Presseaufmerksamkeit erregen.


Die Kombination der beiden Charaktere erinnert zudem ein wenig an Luc Bessons Leon, der Profi, allerdings herrschen hier völlig andere Bedingungen: Nach einer verheerenden Epidemie, die den Großteil der Menschheit vernichtet hat, irren die beiden durch die langsam verwuchernde USA und müssen sich einerseits anderer Überlebender erwehren, deren Absichten neben dem bloßen Drang zum Überleben sicherlich auch anderer Natur sein werden - die bestialische Story von The Road schürt dabei schlimmste Vorahnungen. Andererseits lungern aber auch noch überall aggressive Mutanten rum, die sich die beiden ebenfalls vom Hals halten müssen.

Zugegeben; das klingt erst mal nur nach üblichem Survival-Horror mit hohem Action-Anteil. Aber nach dem Studieren mehrerer Spielbeschreibungen und Interviews habe ich großes Vertrauen in Naughty Dog, nicht zu sehr in diese Richtung abzudriften. Neben ordentlicher Spannung soll auch dialogbasierende Komik eine große Rolle spielen. Und wie bereits eben erwähnt, ist Naughty Dogs generelle Haltung deutlich und viel versprechend: "We wanna change the fucking industry."


Die Uncharted-Serie ist zudem berühmt für ihre sehr präzisen Charakterstudien und grandiosen Dialoge, die diese Spiele so authentisch und lebendig machten. Und da die als PS3-Ikone geltende Grafik-Engine von Uncharted nun auch für The Last Of Us verwendet wird, können sich die Entwickler vollends auf wichtigere Dinge konzentrieren: Spielmechanik, Story, Zwischensequenzen, Interaktion der Charaktere usw...




Am nächsten Donnerstag werden wir auch wieder etwas neues von David Cage hören. Er wird auf der GDC (Games Developers Conference) in Los Angeles sein neues Projekt vorstellen, welches sicherlich grob in die übliche Richtung tendieren wird. Allerdings hat er vor etwa einem Jahr angekündigt, hinsichtlich des seelischen "Impacts" noch einen Schritt weiter gehen zu wollen. Vielleicht eine Art Apocalypse Now im Gewand von Heavy Rain? In wenigen Tagen werden wir es erfahren; ich bin schon sehr gespannt und werde wahrscheinlich hier darüber berichten. (--> Update!)


Dann wird es in den kommenden Monaten garantiert wieder einige hochwertige Spiele von diversen kleinen Independent-Entwicklern geben. (Journey vielleicht?) Diese gehen üblicherweise deutlich mutiger und kreativer vor als die großen Studios, die wegen hoher Umsatzerwartungen ihrer Geldgeber nur sehr ungern sicheres, ausgelatschtes Terrain verlassen. Doch es gibt auch noch einen weiteren Big Player, der mit Vorliebe provoziert und von dem ich mir (nach wie vor) viel erwarte: Rockstar Games.


Die mit L.A. Noire eingeführte Technik zur äußerst realistischen Darstellung von Gesichtsregungen (Bild oben) wird angeblich auch in ihrem nächsten Mammutprojekt GTA V verwendet und wäre prädestiniert dafür, neben der üblichen genialen Situationskomik auch sehr ergreifende und psychologisch tiefgründige Situationen zu erzeugen, was zugegebenermaßen aber ein sehr düsterer Einschlag für die GTA-Serie wäre. Da Chefentwickler Sam Houser kürzlich in einem Interview allerdings von einer "radikalen Neuerfindung des GTA-Universums" sprach, wäre eine anspruchsvollere Teilausrichtung also nicht völlig undenkbar.

Führt man sich außerdem die letzten größeren Produkte von Rockstar Games vor Augen, darunter RDR, GTA IV (inkl. seiner Erweiterungen) und definitiv auch GTA Chinatown Wars für den 3DS und die PSP, so gefällt mir diese Richtung schon sehr gut; auch wenn man hier starke negative Emotionen wie Trauer, Schuld oder echte Wut vergeblich sucht, begegnen die Hauptpersonen ihren Gesprächspartnern mit ungewohnt viel Sarkasmus, Ironie und verbalen Tiefschlägen. Außerdem sind Rockstar-Produktionen seit San Andreas deutlich ernsthafter geworden, was, wie wir bei GTA IV gesehen haben, aber auch eine Gefahr für den Spielspaß darstellen kann. Eine weiter Spagat zwischen lustigen und ernsten Settings wäre für mich diesbezüglich das Non-Plus-Ultra.



Und wer weiß; vielleicht schafft es unsere Lieblingsindustrie ja doch noch irgendwann, tiefgründigen Filmproduktionen ebenbürtig gegenüberzustehen.


Was denkst Du? Ist es Zeit für ein teilweises Abbiegen in Richtung einer seelischen und pädagogischen Wertigkeit oder stehst Du mehr auf stumpfe Blockbuster-Unterhaltung? Fallen Dir weitere erwähnenswert anspruchsvolle Titel ein?


(P.S.: Interessierten kann ich noch Quantic Dreams Tech-Demo KARA empfehlen. Die emotionale Tiefe dieses kurzen, aber aufwändigen Werks tendiert deutlich in Richtung einer anspruchsvolleren Spielezukunft.)

4 comments:

urc said...

mein kommentar ist im obrigen eintrag zu finden. LOL

urc said...

schöner artikel, aber habe ich tatsächlich in beiden teilen MGS überlesen? kojima ist DER macher von spielen. moral, ethik, liebe, freundschaft, hass, action, stealth, kino, ... dies und mehr bietet nur MGS. hideo ist der einzige mensch auf erden, dem es gelungen ist mir beim spielen eine träne zu entlocken.

05.03.2012 13:46:00

Gregor said...

Stimmt, MGS hab ich tatsächlich vergessen. Das liegt aber auch daran, dass die Serie bei MIR keinen allzu hohen Stellenwert hat; Teile 1 und 2 hab ich aber immerhin beide komplett durchgespielt. Mit Snake Eater konnte ich mich nicht wirklich identifizieren und Teil 4 auf der PS3 hab ich zwar angefangen, aber auch nur zur Hälfte durchgezockt.

Ist aber eigentlich 'ne gute Idee, könnt' ich noch mal machen! :-D
(Nach Mass Effect 2, Batman, DEAD SPACE (1) und inFamous... Immer diese verdammten Online-Shooter - nichts schafft man!) ;-)

Boom540 said...

Also ich spiele schon jetzt lieber Spiele als das ich mir Filme ansehe. Viele Spiele wie Heavy Rain, Uncharted, Red Dead Redemption usw. bieten eine Filmreife Story und können mich 10-20 Stunden oder mehr unterhalten.

Viele arbeiten mittlerweile mit Emotionen um den Spieler ans Game zu fesseln.
Negativ finde ich dabei allerdings das dabei oft Kinder als Hilfsmittel eingesetzt werden um Wut oder Hilfslosigkeit zu erzeugen. Bestes bsp ist da ja Heavy Rain. Aber auch Spiele wie Resistance 3, wo man anfangs seinen kleinen Sohn mit der Mutter wegschicken muss und der eine Handschuh später wieder eingeblendet wird oder beim Zombiegeschnetzel Dead Rising 2 wird ein kleines Mädchen als Druckmittel eingesetzt. Und es gibt noch viele weitere Beispiele.

Oftmals sind es brutale Erwachsenenspiele und irgendwie gefällts mir als Vater nicht wenn ich dafür verantwortlich bin oder nichts dagegen unternehmen kann wenn sie sterben.

Die meißten Horrorfilme kommen doch auch ohne Kinder aus. Da ist es die Frau, Freundin oder sonstwer. Ich bin mal gespannt in welche Richtung da The Last of Us gehen wird.
Ich freu mich tierisch auf das Game, aber finde ein 14 Jähriges Mädchen einfach deplaziert in einer brutalen Welt und kann mir jetzt schon denken wovor ich sie schützen muss.